Konjunkturelle Schwanken, starke Wettbewerber, schlechtes Management - ist trotz aller Bemühungen eine Insolvenz nicht zu vermeiden, muss ein Insolvenzantrag gestellt werden. Ein Schritt, den mancher Geschäftsführer vermeiden möchte, der jedoch nach Insolvenzordnung (InsO) zwingend ist. Ansonsten drohen Haft- oder Geldstrafen.

Was Sie bei einer Firmeninsolvenz beachten sollten, erfahren Sie hier in diesem Beitrag.

Wann ist ein Unternehmen insolvent?

  1. Wann gilt ein Unternehmen als überschuldet?

Eine Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Unternehmens die Verbindlichkeiten nicht mehr deckt. Von einer Überschuldung nach § 19 InsO wird hingegen nicht ausgegangen, wenn innerhalb der nächsten 12 Monate die Fortführung des Unternehmens trotz der finanziellen Engpässe wahrscheinlich ist.

  1. Wann spricht man von drohender Zahlungsunfähigkeit?

Ist absehbar, dass dem Unternehmen innerhalb der kommenden 24 Monate die Zahlungsunfähigkeit droht, muss die Geschäftsführung nach § 18 InsO einen Insolvenzantrag stellen.

  1. Wann ist ein Unternehmen zahlungsunfähig?

Insolvenzreif ist ein Unternehmen nach § 17 InsO, wenn es ihm nicht mehr möglich ist, 90 % seiner fälligen Zahlungsverpflichtungen innerhalb von 3 Wochen nachzukommen.

Zahlungsunfähigkeit ist der häufigste Insolvenzgrund. Deshalb ist wichtig, Liquiditätsengpässe früh zu erkennen und Maßnahmen dagegen einzuleiten.

Das Video “Liquidität: Mit diesen Maßnahmen bleiben Sie auch bei Umsatzeinbrüchen zahlungsfähig” zeigt, wie wir Ihnen dabei helfen.

 

Bis wann muss das Unternehmen reagieren?

Um die Folgen einer Firmenpleite möglichst gering zu halten, hat der Gesetzgeber die nächsten Schritte nach Eintreten von Überschuldung, drohender Zahlungsunfähigkeit oder Zahlungsfähigkeit eng getaktet.

Tritt der jeweilige Insolvenzgrund ein, hat das Unternehmen nur wenig Zeit, um die Firmeninsolvenz zu beantragen:

  • bei Zahlungsunfähigkeit längstens 3 Wochen

  • bei Überschuldung längstens 6 Wochen

Wichtig:

Diese Fristen bedeuten nicht, dass ein Geschäftsführer 3 bzw. 6 Wochen verstreichen lassen darf, ehe er tätig wird. Vielmehr muss er sofort ohne schuldhaftes Zögern aktiv werden, sobald ihm der Tatbestand der Überschuldung bzw. Zahlungsunfähigkeit bekannt ist.

Die Fristen dürfen nur ausgeschöpft werden, um konkreten Sanierungsmaßnahmen nachzugehen oder um rechtliche Unterstützung zu suchen.

Nicht nur um Ihnen bei Sanierungsmaßnahmen zu helfen ist auch Ihr Steuerberater der richtige Ansprechpartner. Steueberater können Unternehmen im Insolvenzfall umfangreich und kompetent beraten, zum Beispiel das Unternehmen als Sanierer begleiten, Insolvenzpläne erstellen oder prüfen und diverse Gutachten zur Vermögens-, Ertrags- und Finanzlage erstellen.

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Wer kann eine Firmeninsolvenz beantragen?

Antragspflichtig sind:

  • Geschäftsführer

  • Organe, sofern sie eine herausragende Stellung im Unternehmen einnehmen

  • der gesamte Aufsichtsrat sowie einzelne Gesellschafter bei Unternehmen ohne Führungspersonen

Der Insolvenzantrag kann auch von einem Gläubiger gestellt werden. Voraussetzung ist, dass dieser den Insolvenzgrund und die Zahlungsunfähigkeit zweifelsfrei belegen kann. Um missbräuchliche Anträge gegen ungeliebte Unternehmen zu verhindern, sind die Anforderungen an einen solchen Gläubigerantrag besonders hoch.

Existieren konkrete Beweise einer Insolvenzverschleppung, kann der Gläubiger die Geschäftsführung des Unternehmens zusätzlich anzeigen. Erweist sich der Vorwurf jedoch als nicht haltbar, droht dem Gläubiger ein Verfahren nach § 164 StGB wegen falscher Verdächtigung.

Wie wird eine Firmeninsolvenz angemeldet?

Das Einleiten eines Insolvenzverfahrens erfolgt beim zuständigen Insolvenzgericht. Auf dessen Website kann die Anmeldung mittels Formulars vorgenommen werden.

Das sollte der Insolvenzantrag u. a. beinhalten:

  • Grund der Insolvenz inklusive nachvollziehbarer Nachweise

  • Vermögens- und Forderungsverzeichnis

  • Angaben zur Fortführung und zum Tätigkeitsbereich des Unternehmens

  • Anzahl der Mitarbeiter

  • Detailliertes Gläubigerverzeichnis mit Anschriften, Forderungshöhen, wobei die größten Gläubiger benannt werden.

  • Das Gläubigerverzeichnis muss mit einer Richtigkeitserklärung beglaubigt werden. Ggf. ist zudem ein vorläufiger Gläubigerausschuss zu bilden.

  • Informationen zu Sanierungsmöglichkeiten

Wichtig:

Der Insolvenzantrag muss fristgerecht und formal korrekt bei Gericht eingereicht werden.

Was passiert bei versäumter Antragsfrist?

Hält die Geschäftsführung einer juristischen Person diese Fristen nicht ein, begeht sie Insolvenzverschleppung. Es drohen strafrechtliche Konsequenzen sowie die private Haftung. Als juristische Personen gelten GmbHs, AGs, UGs, limited Companies, eGs, Vereine, Offene Handelsgesellschaften, KGs, GbRs, Europäische Gesellschaften, Stiftungen bürgerlichen Rechts.

Gründe für Insolvenzverschleppung sind häufig eher fahrlässiger Natur, beispielsweise falsche Einschätzung der Situation oder unzureichende Kenntnis der rechtlichen Konsequenzen.

Was versteht man unter Insolvenzverschleppung?

Leidet ein Unternehmen an Überschuldung, drohender oder bereits vorhandener Zahlungsunfähigkeit, geht der nächste Schritt bei juristischen Personen und Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit in die Insolvenz.

Die Entscheidung, ob ein Insolvenzantrag zu stellen ist, obliegt nicht der Geschäftsführung, sondern ist gesetzlich vorgeschrieben. Ist ein Unternehmen insolvenzreif, muss der Antrag innerhalb von 3 Wochen bei Zahlungsunfähigkeit und 6 Wochen bei Überschuldung gestellt werden.

Entscheidet sich der Unternehmer, die Insolvenzanmeldung später bzw. gar nicht vorzunehmen oder wird der Insolvenzantrag falsch gestellt, begeht die Geschäftsführung Insolvenzverschleppung. Dabei handelt es sich selbst bei verspäteter Anmeldung um eine Straftat nach §15a InsO.

Dass vorsätzliche oder fahrlässige Insolvenzverschleppungen gar nicht selten sind, zeigen die 12.700 Ermittlungsverfahren, die laut Statista im Jahr 2018 eingeleitet wurden. Der Geschäftsführung droht bei Vorsätzlichkeit eine dreijährige Freiheitsstrafe, bei Fahrlässigkeit eine jährliche Haftstrafe. In beiden Fällen kann stattdessen auch eine Geldstrafe verhängt werden.

Haftbar kann eine Geschäftsführung jedoch nur für Schäden gemacht werden, die ab Eintritt der Insolvenzverschleppung eintreten. Ab diesem Tag trifft den Geschäftsführer die Insolvenzverschleppungshaftung, die auch sein privates Vermögen umfasst.

Wichtig:

Der Tatbestand der Insolvenzverschleppung verjährt nach 5 Jahren, Schadensersatzpflichten nach 3 Jahren.

Ablauf des Insolvenzverfahrens bei Unternehmen

Die Firmeninsolvenz wird nach der Insolvenzordnung (InsO) behandelt und besteht aus mehreren Stufen:

  • Insolvenzantrag

  • Gutachten-Phase mit Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters

  • Insolvenzeröffnung durch Gerichtsbeschluss

  • Berichtstermin

  • Abstimmungstermin

  • Regelverfahren

  • Schlusstermin

  • Aufhebung des Verfahrens mit Bekanntgabe

Wichtig:

Der Insolvenzantrag muss gestellt werden, auch wenn absehbar ist, dass das Betriebsvermögen die Verfahrenskosten nicht deckt. Diese betragen ca. 2.500 EUR. In diesem Fall lehnt das Gericht den Antrag wegen Masseunzulänglichkeit ab.

Wird der Antrag angenommen, wird ein Insolvenzverwalter bestellt, der den wirtschaftlichen Status des Unternehmens ermittelt. Im Berichtstermin informiert der Insolvenzverwalter das Gericht und die Gläubiger über die Ursache der Betriebsinsolvenz, die wirtschaftliche Lage und Sanierungsmöglichkeiten.

Üblicherweise übernehmen Rechtsanwälte und Wirtschaftsprüfer die Rolle des Insolvenzverwalters. Wir helfen Ihnen gerne bei der Suche nach einem geeignten Wirtschaftsprüfer. 

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Danach berät der Gläubigerausschuss über eine Unternehmenssanierung bzw. die teilweise oder vollständige Auflösung des Unternehmens.

Im folgenden Abstimmtermin informiert der Insolvenzverwalter über offene Forderungen, die in der finalen Insolvenztabelle nach § 175 InsO dokumentiert werden.

Was ist eine Regelinsolvenz?

In der Regelinsolvenz prüft der Insolvenzverwalter die Voraussetzungen, um ein individuelles Konzept für die Zukunft des Unternehmens zu erstellen. Als Regelinsolvenz wird das allgemeine Insolvenzverfahren des deutschen Rechts bezeichnet, wenn zahlungsunfähige Unternehmen mehr als 19 Gläubiger haben. Sie dauert 3-6 Jahre und endet mit der Restschuldbefreiung.

Muss das Unternehmen aufgelöst werden, erfolgen Versteigerung und Verkauf der Vermögenswerte. Zudem kündigt der Insolvenzverwalter alle Verträge. Der Gewinn wird entsprechend der Insolvenztabelle unter den Gläubigern aufgeteilt.

Wurde ein Sanierungskonzept verabschiedet, verfährt der Insolvenzverwalter entsprechend.

Sollten Sie Unterstützung bei der Erstellung des Sanierungsplanes brauchen, ist Ihr Steuerberater eine gute Wahl. Wenn Sie noch keinen Steuerberater haben, können Sie bei uns kostenlos Angebote von bis zu 3 Beratern erhalten und bekommen die Hilfe, die Sie brauchen. 

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Im Schlusstermin berichtet er über die Maßnahmen und legt eine Schlussrechnung vor. Danach hebt das Gericht das Insolvenzverfahren auf und publiziert dies in den Insolvenzbekanntmachungen.

Wie lange dauert ein Insolvenzverfahren bei Firmen?

Die Dauer einer Firmeninsolvenz ist nicht vorgegeben. Sie hängt vom individuellen Insolvenzfall ab, d. h. von der Größe des Unternehmens, der Anzahl der Gläubiger und dem Insolvenzgrund.

Vorausgesetzt der Insolvenzantrag geht vollständig ausgefüllt und mit allen Unterlagen ergänzt beim Insolvenzgericht ein, wird er dort auf Vollständigkeit und Rechtmäßigkeit geprüft.

Je nach Unternehmensgröße und Umfang der Insolvenz dauert die Prüfung ca. 3 Monate. Die gerichtlichen Termine ziehen sich meist über 9 bis 12 Monate hin.

  • Für Firmeninsolvenzen, die vor 2020 beantragt wurden, galt eine durchschnittliche Regelinsolvenzzeit von ca. 4 Jahren.

  • Bei großen Unternehmen und Stiftungen dauerte es bis zu 10 Jahren.

  • Insolvenzen, die ab 01.10.2020 beantragt wurden, können innerhalb von 3 Jahren abgewickelt werden.

Tipp:

Das Gesetz zur weiteren Verkürzung der Restschuldbefreiung aus dem Jahr 2020 macht es möglich.

Fazit: Ein Insolvenzantrag birgt Chancen zur Unternehmenssanierung

Es beginnt oft schleichend, führt zur Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit und im nächsten Schritt zu Firmeninsolvenz. Deren Anmeldung muss inhaltlich und formal korrekt beim Insolvenzgericht vorgenommen werden. Das Gericht setzt entweder einen Insolvenzverwalter ein, der alle Sanierungsmöglichkeiten prüft, oder lehnt den Antrag wegen Masseunzulänglichkeit ab.

Verzögern Geschäftsführer die Insolvenzanmeldung oder reichen diese fehlerhaft ein, machen sie sich strafbar. Um rechtliche Konsequenzen zu vermeiden, sollten Sie daher schon bei der Anmeldung der Firmeninsolvenz die Unterstützung eines Fachanwalts in Betracht ziehen.

 

 

 

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