Das Thema Fachkräftemangel unter Steuerkanzleien ist allgegenwärtig. Angehende Steuerberater werden gesucht, der Arbeitsmarkt für erfahrene, gute Steuerberater und Steuerfachangestellte scheint leer gefegt. Für viele Kanzleien bzw. Steuerberatungsgesellschaften bedeutet das: Monatelange Mitarbeitersuche, keine Bewerber, die zur Kanzlei passen, Frustration und starke, lang andauernde Überlastung der bestehenden Mitarbeiter, die häufig den Job von 2 oder mehr übernehmen müssen. Hinzu kommt: Die wenigen guten Fachkräfte, die man findet, werden von zahlreichen anderen Kanzleien umworben. Der Konkurrenzdruck ist groß. Die Verzweiflung oft noch größer. Schließlich steht Fachkräftemangel dem Wachstum und Ausbau einer Kanzlei im Weg.

Genau aus diesem Grund werden Themen wie der Aufbau einer attraktiven Arbeitgebermarke und Social Media Recruiting immer wichtiger.

Deshalb sprechen wir heute mit Noah Schmuck (hier zum LinkedIn Profil) über das Thema: Wie gewinnt man Mitarbeiter für die Steuerkanzlei? Noah Schmuck ist Experte auf diesem Gebiet und führt aktuell eine Social Media Recruiting Agentur in Köln mit der Spezialisierung auf Steuerberatungsgesellschaften.

Hallo Herr Schmuck, wir freuen uns, dass Sie sich die Zeit genommen haben, ein paar Fragen zum Thema Mitarbeitergewinnung zu beantworten. Woher kommt Ihre Expertise zum Thema Recruiting für Steuerkanzeleien?

Ich führe eine Social Media Recruting Agentur in Köln. Unsere Aufgabe ist es Steuerkanzleien auf relevanten Social Media Plattformen als einen attraktiven Arbeitgeber darzustellen und so letztendlich qualifizierte Bewerbungen zu generieren. Machbar wird das, indem wir gemeinsam mit unseren Kunden eine authentischen und attraktiven Arbeitgebermarke ausarbeiten, kombiniert mit der technischen Raffinesse, die Werbeanzeigen genau den passenden Kandidaten der Geschäftsregion anzeigen zu lassen und mit ordentlicher Frequenz auszuspielen.

Gelernt habe ich dieses Handwerk vor 3 Jahren als ich mich autodidaktisch intensiv mit dem Thema Online Marketing und Social Recruiting auseinandergesetzt habe. Ich komme selbst aus der Finanzdienstleistungsbranche und musste schon selbst immer um gute Fachkräfte kämpfen. Seit 2 Jahren haben wir uns darauf spezialisiert nun ausschließlich Kanzleien (hauptsächlich Steuerberatungsgesellschaften) dabei zu helfen, online sichtbar zu werden. Nach etlichen Kampagnen und Erfahrungswerten bin ich mir jetzt sicher, dass wir für diese spezielle Nische einer der besten oder sogar der beste Dienstleister sind. 😊

Lassen Sie uns ein wenig über Ihr tägliches Geschäft sprechen. Um neue Fachkräfte zu finden, braucht man ja in aller erster Linie eine gute Stellenanzeige. Da haben Sie im Laufe Ihrer Tätigkeit sicher viele gesehen. Was können Sie in den Stellengesuchen für Steuerberater nicht mehr sehen?

Ich kann die ganzen Stockphotos und generischen Perspective Funnels nicht mehr sehen. Viele denken, dass es mit einem technisch klugem Recruitingprozess und dem Fakt, dass wir auf Social Media mit KI Werbung schalten können, getan sei. Nein! Ich sehe viel zu oft vollkommen langweilige und gesichtslose Stellenanzeigen. Um erfolgreich gute Mitarbeiter zu finden, muss man eine Identität als Kanzlei haben und diese mit klaren Werten und Visionen öffentlich präsentieren. Wenn man diese kommuniziert und authentische Texte sowie authentische Bilder von echten und glücklichen Mitarbeitern zeigt, dann haben Social Recruiting Kampagnen erst Erfolg.

Fazit

Die modernen Techniken sind super, aber ohne gutes Arbeitgeberbranding ist es Schwachsinn an Social Recruiting zu denken. Stichwort liegt ja auf „Social“ Recruiting. Hinter einer Arbeitskraft steckt eben immer noch ein Mensch mit Wünschen und Bedürfnissen und diese müssen wir verstehen und ansprechen.

Welche Benefits sollten heutzutage Standard sein, wenn man neue Mitarbeiter bzw. ganz konkret neu Steuerberater für die Kanzlei sucht? Home Office und gratis Obst bietet ja fast jeder.

Standard sollte sein, dass man eine herzliche, offene Kanzlei ist, die ihre Mitarbeiter auch wie Mitarbeiter behandelt und nicht wie x-beliebige Nummern oder angestellte Arbeiter. Gute Fachkräfte sind rar.

Benefits wie Home-Office, flexible Arbeitszeiten und digitale Ausrüstung sind toll, sollten aber auch eigentlich alle anbieten. Aber viel wichtiger als die finanziellen Benefits sind die Atmosphäre in der Kanzlei und der Zusammenhalt. Wenn man eine erfolgreiche mittelständische Kanzlei besitzt, kann man seinen Mitarbeitern auch mal hier und da etwas mehr Lohn auf verschiedenen Wegen zukommen lassen. Gesundheitsprogramme, Firmenwagen, eine gute betriebliche Altersvorsorge und andere Dinge sind da manchmal sogar besser und wertschätzender als einfach ein paar mehr Euronen. Obst, Getränke und Ähnliches haben alle und ist aber niemals der entscheidene Faktor, warum man sich für einen Arbeitgeber entscheidet. Es geht mehr um das Menschliche und um die persönliche Weiterentwicklung und Karriere des Mitarbeiters.

Kommen wir zum Thema Gehalt: Kleine Kanzleien können da mit Großen oft nicht konkurrieren – Haben Sie Tipps wie man eine Stelle dennoch attraktiv gestalten kann?

Wie schon beschrieben, viel wichtiger als die finanziellen Benefits und das Gehalt ist die Atmosphäre in der Kanzlei und der Zusammenhalt. Viele Angestellte wollen sich zuerst einmal wohlfühlen und an zweiter Stelle wollen Sie dann auch noch persönliches Wachstum und Karriere machen. Kleine Kanzleien können sich somit sehr sehr gut von großen Kanzleien unterscheiden, weil man viel individueller gefördert werden kann, schneller Karriere machen kann. Zudem können Mitarbeiter in kleineren Kanzleien viel mehr in die Geschäftsprozesse eingebunden werden und man kann Ihnen schneller mehr Verantwortung und Kompetenzen zuweisen. Dieses Gefühl, wichtig und gebraucht zu sein, ist dann oft entscheidender als das Gehalt.

Super, das sind sehr hilfreiche Tipps. Wenn wir jetzt über das konkrete Recruiting sprechen, die aktive Suche nach neuen Mitarbeiten, stellt sich natürlich immer die Frage: Lohnen sich klassische Kanäle, wie Zeitungsanzeigen, Jobbörsen und Inserate auf der eigenen Website noch?

Alles was nichts kostet sollte man auch nutzen. Eine interessante Karriereseite ist immer von Vorteil, wenn sich Bewerber genauer mit der Kanzlei befassen. Achten Sie dabei natürlich immer auf Individualität und Authentizität als Arbeitgeber.

Richten Sie Ihre Websites generell auch mehr auf das Thema Mitarbeitergewinnung aus! Bewerber interessiert es nicht wie „toll und wichtig“ die Geschäftsführer sind und was sie so alles schon erreicht haben. Sie interessiert mehr, ob es eine Kanzlei ist, die zu ihnen passt, ob es möglich ist, dort relevante Erfahrungen zu sammeln, Karriere zu machen und was sie genau erwartet.

Klassische Kanäle wie Zeitungsanzeigen, Jobportale/Jobbörsen funktionieren nur noch sehr selten und für die wenigsten. Ist ja auch klar, weil niemand, der den gefragten Job mit Kompetenz ausüben kann, aktiv auf solchen Portalen sucht. Gute Leute findet man nur in beschäftigter Form und muss diese überzeugen, dass man ein besserer Arbeitgeber ist.

Wichtig:

Nur 20-30% der Leute würden niemals wechseln. Der Rest ist mehr oder weniger wechselbereit. Diesen Markt müssen wir bespielen. Dieser Markt ist niemals leer und wird auch immer voll bleiben.

Welchen Fehler beim Recuriting sehen Sie am häufigsten, wenn Sie neuen Kunden helfen?

Der häufigster Fehler ist Gesichtslosigkeit bzw. fehlender Mut oder Know-How in die Sichtbarkeit zu gehen und sich von der klassischen 0815-Kanzlei zu unterscheiden.

Authentizität und Individualität ist King heutzutage. Zeigen Sie, wer Sie sind, was Sie antreibt und für was Sie stehen.

Welcher Social Media Kanal funktioniert denn Ihrer Erfahrungs nach am Besten zur Mitarbeitersuche in dieser speziellen Nische?

Das kann man nicht genau sagen und ist von der Zielgruppe abhängig. Für klassische Steuerfachangestellte ist Facebook (mit Instagram & Audience Network) am besten. Wenn man Steuerberater mit langer Beruferfahrung sucht, sollte man auch wissen, wie man auf LinkedIn und Xing bezahlte Werbung schalten kann.

Nicht jede Kanzlei hat Zeit und Ressourcen beide Berufsnetzwerke mit Inhalten und Anzeigen zu bespielen. Wenn Sie wählen müssten: Was würden Sie Steuerberatern empfehlen - Xing oder Linkedin zur Mitarbeitergewinnung?

Warum nicht beides? Wenn man weiß, wie man dort jeweils bezahlte Werbeanzeigen schalten kann, spricht ja nichts dagegen, alles zu nutzen.

Wenn man sich tatsächlich entscheiden müsste wäre LinkedIn meine Wahl, weil dort viel mehr Leben herrscht, das Wachstum deutlich schneller ist als bei Xing und auch die Werbemittel für Recruiter viel ausgereifter sind.

Wenn wir schon über die Business Netzwerke Xing und LinkedIn sprechen: Braucht man als Kanzlei heutzutage einen SoMe Auftritt auf Xing oder Linkedin, vielleicht auch noch Facebook?

Zwingend ist ein Auftritt auf genannten Social Media Kanälen nicht. Beim Social Recruiting nutzen wir diese Plattformen nur als Mittelweg, weil dort eben viele passende Kandidaten täglich surfen. Langfristig, zum Aufbauen seiner Arbeitgebermarke, macht es ab einer bestimmten Unternehmensgröße aber defintiv Sinn relevante Social Media Accounts durch Inhouse-Mitarbeiter bespielen zu lassen. Das führt zu einem innovativem, modernen Image, mehr Mandanten und am aller wichtigsten zu mehr Mitarbeitern.

Vielen Dank!

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