Die Beantragung der sog. Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer mit dem Splittingtarif hat, insbesondere für Ehegatten die unterschiedliche Einkommen generieren, steuerliche Vorteile. 


Bisher kamen für die Steuervergünstigung der Zusammenveranlagung, nur diejenigen Eheleute bzw. eingetragene Lebenspartner in Betracht, die auch räumlich zusammen lebten. War dagegen der Lebensmittelpunkt der beiden Ehegatten, z.B. beruflich bedingt, räumlich getrennt, nahm die Finanzverwaltung in der Regel ein dauerndes Getrenntleben der Ehegatten an. Die Konsequenz daraus war, dass eine beantragte Zusammenveranlagung der Ehegatten abgelehnt wurde.

Nunmehr hat das Finanzgericht Münster mit Urteil vom 22.02.2017 – Az.: 7 K 2441/15 E – entschieden, dass auch langjährig getrennt lebende Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden können. Die Revision gegen dieses Urteil hat das Finanzgericht Münster nicht zugelassen. 

Das Finanzgericht hat damit mit seiner Entscheidung dem Umstand Rechnung getragen, dass sich in der heutigen Zeit immer mehr Ehepaare – insbesondere in den Großstädten – aus freien Stücken und zur Wahrung einer gewissen Autonomie - dafür entscheiden, zwar in getrennten Haushalten zu wohnen, aber doch gemeinsam zu leben. Das auch als sog. „living apart together“ bezeichete Lebensmodell hat somit künftig keine Nachteile mehr hinsichtlich der Wahlmöglichkeit einer steuerlichen Zusammenveranlagung, sofern einige Voraussetzungen gegeben sind.
Denn das Finanzgericht hat in seiner Entscheidung klargestellt, dass das Modell des räumlich getrennten Zusammenlebens dann zu bejahen ist, wenn die Eheleute trotz der räumlichen Trennung ihre Lebensgemeinschaft in Form der persönlichen und geistigen Gemeinschaft aufrechterhalten, z.B. durch regelmäßige gegenseitige Besuche, das gemeinsame Bestreiten von Ausgaben, wie Mietzahlungen, das Verbringen von gemeinsamen Urlauben und auch sonstigen gemeinsamen Freizeitaktivitäten. Im Übrigen hat das Finanzgericht ausdrücklich ausgeführt, dass es hierbei durchaus als unschädlich anzusehen ist, wenn die Eheleute grundsätzlich getrennt wirtschaften und getrennte Konten führen, da dies heutzutage, in der die „Doppelverdienerehe“ den Regelfall bildet. Dies ist auch durchaus üblich bei räumlich zusammenlebenden Eheleuten. 

Im vorliegenden vom Finanzgericht Münster zu entscheidenden Fall waren die Eheleute (Kläger) seit 1991 verheiratet und haben einen im selben Jahr geborenen Sohn. Im Jahr 2001 zog die Ehefrau mit dem Sohn aus dem gemeinsam bewohnten Einfamilienhaus zunächst in eine Mietwohnung und später dann in eine Eigentumswohnung. Für das Streitjahr 2012 vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass die Ehegatten dauerhaft getrennt lebten und demnach die Voraussetzungen für eine Zusammenveranlagung nicht mehr gegeben seien. Die Ehegatten wurden einzeln zur Einkommensteuer veranlagt. 

Das Finanzgericht teilte die Auffassung der Finanzbehörde nicht und gab der Klage der Eheleute statt. Danach ist das Finanzamt verpflichtet, für das Streitjahr eine Zusammenveranlagung der Kläger durchzuführen. 
Die Frage, ob Eheleute dauernd getrennt leben, ist nach Ansicht des Gerichts anhand des Gesamtbildes der gegenseitigen Beziehung im konkreten Einzelfall zu würdigen. Hierbei sei auch der inneren Einstellung zur ehelichen Lebensgemeinschaft entscheidungserhebliche Bedeutung beizumessen. Leben Ehegatten für eine nicht absehbare Zeit räumlich voneinander getrennt und halten sie die eheliche Wirtschaftsgemeinschaft dadurch aufrecht, dass sie die sie berührenden wirtschaftlichen Fragen gemeinsam erledigen und gemeinsam über die Verwendung des Familieneinkommens entscheiden, so kann dies – ggf. zusammen mit anderen Umständen – dazu führen, dass ein nicht dauerndes Getrenntleben der Eheleute anzunehmen ist. 

 

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